Oder: Wie Nis-Momme Stockmann mich (fast) in einem Tweet erwähnte
Die Geschichte darüber, wie Nis-Momme Stockmann mich (fast) in einem Tweet erwähnte, beginnt mit Juliane Leopold. Juliane Leopold ist Social Media Editor bei ZEIT online. Mein Dozent Moritz Müller-Wirth (@muellerwirth) hatte sie als Gastrednerin in unser Seminar eingeladen. Juliane Leopold ist es zu verdanken, dass der Funke übersprang und ich beschloss, einen Twitter-Account zu eröffnen. Der erste Tweet meines Lebens lautete denn auch:
Habe heute @julianeleopold im Seminar kennen lernen dürfen. Schätze, dieses „Twitter“ setzt sich durch. Mache ab jetzt auch mit.
— Laura Lucas (@LcsWho) 11. Januar 2014
Wer quatscht, erzeugt Lärm, nicht Relevanz
Ich hoffte Juliane Leopold mit einer Prise Ironie — eine Pionierleistung war meine Anmeldung im Jahre 2014 wahrlich nicht — ein virtuelles Lächeln zu entlocken, vielleicht in Form eines Fav? Was das ist, wusste ich freilich zu der Zeit noch nicht, doch wo ich schon mal so schön ironisch auf einen ihrer vorherigen Tweets eingegangen war, rechnete ich fest mit einer Reaktion. Doch es passierte — nichts. Ich hörte förmlich die Grillen zirpen. Was war schief gelaufen? War das denn etwa nicht das Medium der Teilhabe? Die kommunikative Revolution, die es jedem ermöglicht, jeden anzusprechen? Hatte ich etwas falsch gemacht oder mich gar blamiert? Inzwischen vermute ich, mein Tweet war schlicht nicht relevant genug. Ich hatte Lärm erzeugt, sonst nichts.
Was hatte ich auch erwartet? Dass Juliane Leopold und der Rest der Welt nur darauf warteten, angeregte Gespräche mit mir zu führen? Ich tat also das, was jeder Twitter-Anfänger tun sollte. Ich schaute mich um, versuchte die Sprache des neuen Mediums zu lernen und spürte nach und nach Menschen aus der Kultur- und Medienszene auf, die mich interessierten. Das Problem mit der Szene und mir: Ich gehöre nicht dazu. Mit meinen Tweets verhält es sich wie mit dem eigenartigen Unbekannten auf der Straße. Quatscht der dich von der Seite an, hast du keine Lust auf ein Gespräch und gehst lieber schnell weiter. Ich hatte also eine erste wichtige Lektion in Sachen Twitter gelernt: Sich dort einen Account anzulegen, ist wie in eine neue Stadt zu ziehen. Am besten schaut man sich erst einmal ein wenig um und übt sich in Zurückhaltung.
Wie gerufen kam da kurze Zeit später die Blogparade des Theater Heilbronn. Ich schrieb einen Beitrag, sagte über Twitter Bescheid und siehe da, es klappte! Zwei Erwähnungen, ein Retweet, zwei Favs und ein neuer Follower (das Theater) ließen mein Herz höher schlagen. Diesmal war ich der ausdrücklichen Einladung zu einem Gespräch gefolgt, hatte höflich hallo gesagt und somit ganz automatisch Relevanz hergestellt. Großereignisse, über die die ganze Stadt spricht, können da auch hilfreich sein. Einem Ritterschlag kam es mir gleich, als das Onlinefeuilleton nachtkritik.de einen meiner Tweets zum diesjährigen Theatertreffen (#tt14) retweetete.
Ein eindrücklicher Theaterabend mit #DieLetztenZeugen, dessen Stärke wohl in der Abwesenheit von Theater lag. #tt14 — Laura Lucas (@LcsWho) 14. Mai 2014
Ich mache mir keine Illusionen. Die Redakteure von nachtkritik.de haben in den Wochen des Festivals unzählige Tweets favorisiert und retweetet. Und trotzdem: Ich hatte etwas richtig gemacht. Anstatt einen Fremden auf der Straße anzusprechen, war ich zu einer Bürgerversammlung gegangen und hatte einen wertvollen Beitrag zu einem Gespräch geleistet.
Nis-Momme Stockmann winkt nicht jedem
Als mich eines schönen Tages also Nis-Momme Stockmann, ein endcooler Dramatiker, in einem Tweet erwähnte, war ich völlig aus dem Häuschen! Fast erwähnte, muss ich sagen, denn wie sich nur Sekunden später herrausstellte, war es nicht der endcoole Dramatiker (@rocko_rakete), der sich da in einem kommunikativen Akt an mich wandte, sondern ein fieser Hacker (oder macht das ein Programm?), der Malware unter’s Volk bringen wollte. Das war in etwa so, wie wenn dir im Bus jemand zuwinkt, du winkst zurück und merkst, du warst gar nicht gemeint. Ein klassischer Moment von „Hurra! Ach nee, doch nicht.“
Pflichtbewusst und zum Gespräch entschlossen, erkundigte ich mich beim endcoolen Dramatiker, ob vielleicht sein Account ohne sein Wissen dubiose Links verschicke? Doch leider: keine Reaktion. Der Tweet, in dem ich vermeintlich glorreiche Erwähnung fand, war gemeinsam mit anderen zwielichtigen Tweets (Ja, auch andere Bürger freuten sich wohl zu früh) kommentarlos gelöscht worden. Aber was hätte Nis-Momme Stockmann auch sonst tun sollen? Schließlich kennt er mich ja gar nicht.
Beitragsbild: Nemo/pixabay.com
Nachtrag: Und er winkt doch
@LcsWho Hallo – das kann (vielleicht sein). Ich nutze Twitter so gut wie nie. Pardon also für die späte Antwort Knicks
— Nis-Momme Stockmann (@rocko_rakete) 11. Juli 2014
@LcsWho Wirklich jedem. Auch wenn keiner winkt. Und wenn ich ganz alleine bin. — Nis-Momme Stockmann (@rocko_rakete) 11. Juli 2014